Wertvolle Bücher
117
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Evangelistar-Einband, Lombardei, 1100.
Schätzung:
€ 250.000 Ergebnis:
€ 335.800 (inkl. Käuferaufgeld)
In der kompositionellen Aufteilung erinnert der Einband an die hervorragendsten Beispiele byzantinischer Goldschmiede- und Emailkunst (vgl. Pala d'oro, S. Marco in Venedig); die byzantinischen Arbeiten sind ohne Zweifel Vorbild. In der gesamten Auffassung, in der Zeichnung und Stilisierung der Figuren, in der Fassung der Steine und insbesondere im Charakter der Treibarbeit ist jedoch der italienische-lombardische Geist spürbar. Ganz romanisch ausgeprägt ist die Figur des Christus am Kreuze, auch in der Vielfarbigkeit der Emailarbeiten und in ihrem Stil wendet sich der oberitalienische Meister von den byzantinischen Vorlagen ab. Dies können Vergleichsbeispiele belegen; die Christusdarstellung ähnelt dem Christus vom Evangeliareinband des Erzbischofs Ariberto im Mailänder Domschatz, die Komposition der Visitation und die Technik der Emailkunst lassen sich den berühmten Schmelzplatten der sogenannten Pax von Chiavenna (S. Lorenzo) zur Seite stellen; verwandte Züge zeigt das Kreuzreliquiar im Dom von Capua, das „Reliquario di Capua" vom Anfang des 12. Jahrhunderts. Dieses vorliegende Hauptwerk lombardischer Goldschmiede- und Emailkunst repräsentiert in sich eine ganze Epoche der abendländischen Kunst. An der Authentizität dieses kostbaren Kunstwerkes bestehen eine Zweifel. Seine außerordentliche Qualität in Material und künstlerischer Gestaltung sprechen vom Geist einer Zeit, die ihren reichen Schmuck für das Kostbarste, das sie besaß, neben den Reliquien der Heiligen, für die dem Kult dienenden Evangelienhandschriften aufwendete. Die beiliegenden Expertisen sprechen vom „kostbaren und äußerst seltenen Juwel der italienischen Kunst" (Maetzu) und vom „Staunen über eine Kunstwerk ersten Ranges" (Toesca). Der außerordentlich gute Erhaltungszustand des Kunstwerkes läßt seine Schönheit ohne Beeinträchtigungen über die Jahrhunderte hinweg auf uns wirken. Die äußerste Seltenheit eines derartigen Kunstwerkes von Rang läßt sich schwerlich mit den üblichen Maßstäben messen. Vgl. zum Thema die detaillierte Studie von Yvonna Hackenbach, Italienisches Email des frühen Mittelalters, Basel 1938.
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