Auktion: 533 / Modern Art Day Sale und Sammlung Hermann Gerlinger am 10.12.2022 in München Lot 432

 

432
Ausstellungskatalog
Katalog zur Ausstellung der K.G. "Brücke" in der Galerie Arnold, Dresden, Schloßstraße, September 1910.
Broschierter Ausstellungskatalog mit gelbbraune...
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 30.000

(inklusive Aufgeld)
Katalog zur Ausstellung der K.G. "Brücke" in der Galerie Arnold, Dresden, Schloßstraße. September 1910.
Broschierter Ausstellungskatalog mit gelbbraunem Orig.-Umschlag. Titel-Holzschnitt von Erich Heckel, 18 Textseiten, 14 Original-Holzschnitte von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff sowie das von Ernst Ludwig Kirchner in Holz geschnittene Verzeichnis der Passivmitglieder der "Brücke".
Söhn HDO 607-1 bis 607-20. Der Titel-Holzschnitt und die 14 Original-Holzschnitte jeweils im Stock monogrammiert oder mit dem vollen Namenszug sowie zum Teil im Stock bezeichnet. Zwei Drucke des Mitgliederverzeichnisses im Stock monogrammiert. Der Titel-Holzschnitt auf gelbbraunem, festem Papier. Die übrigen Drucke und Textseiten auf glattem Velin. Katalog: 23,4 x 18,5 cm (9,2 x 7,2 in). Titel-Holzschnitt: 16,8 x 11 cm (6,6 x 4,3 in).
Größe der Holzschnitte je 17 x 11 cm bzw. 11 x 17 cm (6,6 x 4,3 in / 4,3 x 6,6 in) mit Ausnahme von zwei Drucken von Ernst Ludwig Kirchner: Rudernde Samoanerin, 5,7 x 10,8 (2,2 x 4,2 in) - Titelvignette Mitgliederverzeichnis, 5 x 7,6 cm (1,9 x 2,9 in).
Die Holzschnitte zeigen Wiedergaben ausgestellter Gemälde, die von den Künstlern selbst oder gegenseitig reproduziert wurden, um die hohen Kosten für professionelle Reproduktionen einzusparen. Die von Ernst Ludwig Kirchner in Holz geschnittene Liste der Passivmitglieder umfasst 68 Namen, darunter Rosa Schapire und Gustav Schiefler.
Enthalten sind: Erich Heckel, Sitzendes Kind (Titelholzschnitt), Ebner/Gabelmann 436 H I. - Ernst Ludwig Kirchner, Rudernde Samoanerin, Gercken A-51 I. - Ernst Ludwig Kirchner, Mann und Frau, Gercken A-52. - Ernst Ludwig Kirchner, Badehaus, Gercken A-53. - Max Pechstein, Sitzender Mann, Krüger H 92. - Erich Heckel, Sitzender Akt (Fränzi), Ebner/Gabelmann 438 H I. - Ernst Ludwig Kirchner, Sitzender Akt, Gercken A-54. - Karl Schmidt-Rottluff, Haus im Park, Schapire H 49. - Karl Schmidt-Rottluff, Schnitter, Schapire H 50. - Ernst Ludwig Kirchner, Sandgräber am Tiber, Gercken A-55. - Max Pechstein, Artistin, Krüger H 93. - Max Pechstein, Badende, Krüger H 94. - Ernst Ludwig Kirchner, Tanz, Gercken A-56. - Erich Heckel, Müßige Weiber, Ebner/Gabelmann 439 H I. - Erich Heckel, Schlafender, Ebner/Gabelmann 437 H I. Ernst Ludwig Kirchner, Titelvignette Mitgliederverzeichnis, Gercken A-36. - Ernst Ludwig Kirchner, Passivmitgliederverzeichnis I-IV, Gercken A-38-41.
Gedruckt von C. Rich. Gärtnersche Buchdruckerei, Heinrich Niescher, Dresden 1910. [AR].
• Berühmter, erster illustrierter Katalog der Künstlergruppe zur großen "Brücke"-Ausstellung in der Galerie Arnold, Dresden 1910.
• Mit großartigen Original-Holzschnitten von Heckel, Kirchner, Pechstein und Schmidt-Rottluff.
• Seltenes Dokument des frühen Expressionismus und der "Brücke"-Zeit.
• Weitere Exemplare befinden sich im Museum of Modern Art in New York, in der Staatsgalerie Stuttgart und im Brücke-Museum, Berlin
.

PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032).

AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001).
Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017).
Erich Heckel, Einfühlung und Ausdruck, Buchheim Museum Bernried, 31.10.2020-7.3.2021, verlängert bis 20.6.2021 (mit Farbabb. S. 123).
Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022).

LITERATUR: (Auswahl)
Lothar-Günther Buchheim, Die Künstlergemeinschaft Brücke. Gemälde, Zeichnungen, Graphik, Plastik, Dokumente, Feldafing 1956, S. 93-97, Nr. 53 (anderes Exemplar).
Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellungen Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-1912, Bern 1958, S. 26-29, Nr. 41/1-20 (anderes Exemplar).
Ralph Jentsch, Illustrierte Bücher des deutschen Expressionismus, Stuttgart 1990, S. 45-47, Kat.-Nr. 2 (anderes Exemplar).
Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 114-115, SHG-Nr. 70 (m. Farbabb.).
Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 175, SHG-Nr. 391 (m. Farbabb.).
Magdalena Moeller (Hrsg.), Dokumente der Künstlergruppe Brücke, München 2007, S. 163-179, Nr. 53 (anderes Exemplar).
Brückenschlag: Gerlinger - Buchheim! Museumsführer durch die "Brücke"-Sammlungen von Hermann Gerlinger und Lothar-Günther Buchheim, Feldafing 2017, S. 52 (m. Farbabb., S. 53).

"Im Laufe der Jahre gewannen wir einen Stamm von Freunden und Gönnern [..] Wir glauben, daß wir auch durch diese neue Ausstellung neue Freunde unserer Kunst gewinnen werden."
Zitat aus dem Einleitungstext des Ausstellungskatalogs.

Zu dieser in vielerlei Hinsicht bemerkenswerten Ausstellung erscheint ein in Gestaltung und Aufmachung einzigartiger, von den Künstlern mit Originalholzschnitten selbst konzipierter Katalog mit 38 Seiten, der das gesteigerte Selbstbewusstsein der Gruppe deutlich spiegelt. Die neue Interpretation und Sehweise ihrer Bildmotive, die später "Brückestil" genannte deutsche Sonderform des Expressionismus, wird mit dieser Ausstellung zum ersten Mal in einer vom Erscheinungsbild sehr geschlossenen Weise den Besuchern präsentiert. Das Besondere und Ausgefallene an diesem Katalog sind nicht nur die vierzehn ganzseitigen Originalholzschnitte, die als Ersatz für zu teure Fotografie-Reproduktionen einen Teil der ausgestellten Werke wiedergeben. Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass der einführende Text und die folgende Auflistung der Katalognummern in einer dem Holzschnitt angeglichenen Schrifttype abgesetzt und im Anhang das zusätzlich von Kirchner in Holz geschnittene, aktuelle Verzeichnis der passiven Mitglieder der Künstlergruppe abgedruckt ist.
Originell und für die enge Verbundenheit der Künstler untereinander bezeichnend ist es, dass die meisten Holzschnitte von einem jeweils anderen Künstler der Freundesgruppe und damit von einem anderen künstlerischen Temperament ausgeführt sind als die ausgestellten Gemälde. Sie sind nicht nur Ausdruck eines kongenialen Verständnisses für die jeweiligen Bilder der Malerfreunde, sondern zeigen auch wie eng hier Grafik und Malerei im künstlerischen Ausdruck beieinanderliegen. Der Holzschnitt kommt der von ungebrochenen Farbflächen charakterisierten Malerei als grafische Entsprechung entgegen. Seine Technik konzentriert die Ausdruckskraft der Malerei in dem schwarz-weißen Kontrast und fasst das Wesentliche der künstlerischen Aussage der Gemälde zusammen.
Die Titelseite des Katalogs schmückt ein Holzschnitt Erich Heckels nach dem von Kirchner für das Ausstellungsplakat entworfenen Motiv: Ein sitzender Mädchenakt hält in der linken Hand eine kleine, wahrscheinlich ebenfalls von Kirchner stammende Skulptur. Skulpturen sind im Katalog nicht verzeichnet, aber mit einer historischen Raumaufnahme der Ausstellung lassen sich eine Anzahl von Werken, ausgebreitet auf dem Kaminsims, feststellen. (Detail Abb.)
Der einleitende Text zur Ausstellung, der die Notwendigkeit der Gründung der "Brücke" beschreibt und einen kurzen Rechenschaftsbericht über die Aktivitäten des vergangenen Jahres sowie die Hinzugewinnung von Gönnern und Freunden gibt, wird von einer kleinen Holzschnittvignette Kirchners, "Rudernde Samoanerin", geschmückt. (Abb.)
An diesem Blatt wird die damalige Beschäftigung der "Brücke" mit anderen außereuropäischen Kulturen deutlich. Kirchner schreibt in einem Brief vom 31. März 1910 an Heckel: "Hier (Dresden) ist das Völkerkundemuseum wieder auf, nur ein kleiner Teil, aber doch eine Erholung und Genuß die famosen Bronzen aus Benin, einige Sachen der Pueblos aus Mexico sind noch ausgestellt und einige Negerplastiken [..] Ein Circus ist wieder da und in den Zoologischen kommen Samoaner, Neger etc. diesen Sommer". Es folgen zwei weitere Holzschnitte von Kirchner, "Mann und Frau" und "Badende", die indes keines der Motive der ausgestellten Gemälde wiedergeben.
Das Verzeichnis der ausgestellten Werke beginnt mit zwei Arbeiten Cuno Amiets, der sich als einziger nur auf Gemälde beschränkt. Die Gründungsmitglieder – Otto Mueller stellt als Gast ebenfalls nur zwei Gemälde sowie drei weitere Zeichnungen aus – beteiligen sich mit jeweils zwanzig Arbeiten. Insgesamt verzeichnet der Katalog 87 Nummern: Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Holzschnitte, Lithografien und Radierungen von Cuno Amiet, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Hermann Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff sowie Otto Mueller. Von den Gemälden kann der überwiegende Teil nachgewiesen bzw. deren Verbleib geklärt werden. Problematischer ist hingegen die Zuordnung der infrage kommenden Zeichnungen zu den im Katalog verzeichneten Titeln.
Den Abschluss des Ausstellungs-Kataloges bildet die von Kirchner in Holz geschnittene Liste der passiven Mitglieder und Gönner der "Brücke" in chronologischer Reihenfolge ihres Beitritts. Auffallend ist zunächst, dass die ersten gewonnenen Mitglieder nicht aus Dresden kommen, darunter Ada Nolde, die wohl gleichzeitig beigetreten ist, als ihr Mann 1906 aktives Mitglied wird. Sie ist es auch noch 1910, obwohl sich ihr Mann bereits 1908 als aktives Mitglied von der Gruppe getrennt hatte. Das erste Mitglied war der Dresdner Lampenfabrikant Karl Max Seifert. Er stellt die Schauräume seiner Lampenkollektion der "Brücke" im Herbst 1906 in Dresden für die erste umfangreiche Ausstellung zur Verfügung.
Ein weiteres frühes Dresdner Mitglied ist der Akademieprofessor und Lehrer Pechsteins, Otto Gußmann. Von den Gründungsmitgliedern studiert Pechstein als einziger an einer Kunstakademie. Heckel, Kirchner und Schmidt-Rottluff studieren in Dresden Architektur, bevor sie sich entschließen, sich ganz der Malerei zu widmen. Wichtige Förderer und vor allem Sammler aus Hamburg haben sich in die Liste eingetragen. So der Landgerichtspräsident Gustav Schiefler, der seit 1906 eine enge Beziehung zu Schmidt-Rottluff, und nicht nur zu ihm, unterhält. Er ist ein ausgezeichneter Kenner auf dem Gebiet der Druckgrafik und verfasste Mitte der 1920er Jahre vorbildsetzende Œuvre-Verzeichnisse für Munch, Nolde und Kirchner.
Nicht nur für Schmidt-Rottluff förderlich ist dessen Begegnung 1907 mit der jungen Kunsthistorikerin Rosa Schapire, aus der sich eine lebenslange tiefe Freundschaft entwickelt. 1908 erwirbt Martha Rauert die Mitgliedschaft und trägt in den kommenden Jahren mit ihrem Mann Paul Rauert eine außergewöhnliche Sammlung der "Brücke"-Künstler zusammen. Auch Kirchners Vater, Ernst Kirchner, Professor für Papierforschung an der Gewerbeakademie in Chemnitz, wird 1908 passives Mitglied. Gleich anschließend findet sich der Name Harry Graf Kessler aus Weimar, auf dessen Initiative hin diese umfängliche Ausstellung im Anschluss an Dresden auch noch 1910 in Weimar im Großherzoglichen Museum für Kunst und Kunstgewerbe zu sehen ist. [MvL]



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Ausstellungskatalog
Katalog zur Ausstellung der K.G. "Brücke" in der Galerie Arnold, Dresden, Schloßstraße, September 1910.
Broschierter Ausstellungskatalog mit gelbbraune...
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 30.000

(inklusive Aufgeld)