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Biblia latina vulgata 13. Jh.
Biblia vulgata. Perlschrift-Bibel (Manuskript auf Pgt.), 1400.
Schätzung:
€ 65.000 Ergebnis:
€ 91.200 (inkl. Käuferaufgeld)
Biblia latina vulgata. - Lateinische Handschrift auf Pergament. Paris, ca. 1250-1270 . Blattgr. 140 : 92 mm. 570 Bll. (vollständig), foliert in roter Tinte; 2 Bll. auf stärkerem Pgt. nachgebunden. Schriftraum ca. 103 : 65 mm. 46 Zeilen. 2 Spalten, mit Bleigriffel regliert. Mit schwarzen und braunschwarzen Tinten geschrieben in winziger Textualis (Perlschrift) von einer Hand. Rubriziert, Hervorhebungen in Rot, Kolumnentitel und röm. Kapitelzählung in Rot und Blau. Mit 16 historisierten Initialen in Deckfarbenmalerei und 81 Deckfarben-Initialen (davon 10 als spaltenlange Randleisten), meist mit lang ausgezogenen Schäften und gewundenen Rankenausläufern sowie überwiegend mit Drachen besetzt; weiterhin mit sehr zahlr. 2-8zeiligen Fleuronnée-Initialen alternierend in Rot und Blau mit fein verziertem Federwerk entlang der Textspalte. - Kalblederband des 16. Jhs. auf 5 Bünden mit reicher Rollenprägung.
Die berühmte "Taschenbibel"des Mittelalters in einem vollständigen, sehr gut erhaltenen Exemplar mit 16 filigran ausgeführten Miniaturen im Stil des Ateliers von Johannes Grusch. So sehr selten!
Die Gestaltung der Heiligen Schrift weist eine so wechselvolle Geschichte auf wie kein anderes Buch der Weltliteratur. Der von Hieronymus im 4. Jahrhunderts aus dem Altgriechischen ins Lateinische übersetzte Text (Vulgata, d. h. die "Allgemeingebräuchliche") hatte sich im Laufe der Jahrhunderte gegen andere Versionen durchgesetzt, war aber durch fehlerhafte Abschriften nach und nach verderbt worden. Die Studenten der neugründeten Pariser Universität Anfang des 13. Jahrhunderts, vor allem aber die Missionstätigkeiten der aufkommenden Orden der Dominikaner und Franziskaner verlangten nicht nur nach einer vereinheitlichten Bibelversion mit einer feststehenden Reihenfolge der biblischen Bücher und Prologe, sondern auch nach einer handlichen und tragbaren Buchform, denn die überlieferten Bibeln noch des 12. Jahrhunderts waren so großformatig und voluminös, daß die biblischen Texte nur als Einzelbände angefertigt wurden und für einen raschen und häufigeren Gebrauch viel zu unhandlich waren, ganz abgesehen von der Tatsache, daß man sie nicht mit sich führen konnte. So setzte um 1200 eine Entwicklung zu immer kleineren Formaten ein, an deren Ende um 1240 eine einbändige Vollbibel im Taschenformat stand, geschrieben mit winziger Perlschrift auf dünnstem Pergament, auf engstem Raum mustergültig und benutzerfreundlich durchgestaltet, wozu der filigrane und mehrfarbige Buchschmuck einen erheblichen Teil beiträgt. Die Kolumnentitel erlauben eine schnelle und grobe Orientierung, die unterschiedlichen Initialtypen weisen auf den Beginn der wesentlichen Bibelteile, der einzelnen Bücher und der Prologe, die farbigen Kapitelnummern auf den gesuchten Abschnitt. So stehen im vorliegenden Exemplar historisierte Initialen am Beginn der wichtigsten Bibelteile (Oktateuch, Chroniken, Propheten etc.), ornamentierte Deckfarben-Initialen am Beginn jedes einzelnen biblischen Buches, und prächtige Fleuronnée-Initialen gewöhnlich am Anfang der Prologe. Darüberhinaus wird jedes Kapitel mit einer kleineren Fleuronnée-Initiale eingeleitet. Wegen all dieser Vorteile und einer bis dahin unbekannten Ökonomisierung der Handschriftenproduktion entwickelte sich die Pariser Taschenbibel im Laufe des 13. Jahrhunderts zu einem regelrechten Bestseller.
Unser Manuskript enthält die biblischen Bücher nebst Prologe in der standardisierten Pariser Auswahl und Reihenfolge (vgl. Branner S. 154-155). Neben den Prologen des Hieronymus gehören dazu auch einige, die im ersten Drittel des 13. Jhs. neu hinzugekommen waren, darunter der Prolog zur Apokalypse von Gilbert de la Porée (Fol. 511r). Am Ende finden sich die Interpretationes nominum hebraicorum (Erklärung der hebräischen Namen, Fol. 518r-562v), die ab etwa 1230 ein Standardmerkmal der Bibel wurden, und daran anschließend eine Perikopenliste für das Temporale und Commune sanctorum (Fol. 563r-569r). Für eine Datierung der Handschrift auf 1250-70 sprechen die in den Text integrierten, nicht an den Rand geschriebenen Kapitelnummern, das Fleuronnée in den für die Pariser Buchmalerei typischen Formen (vgl. Stirnemann, Fils de la vierge, Katnr. 36-38, 3. Viertel des 13. Jhs.), ferner die Foliierung, die vor 1250 kaum in Erscheinung tritt. - Der Psalter ist ist nach dem Psalterium Gallicanum eingeteilt, hervorgehoben sind Ps. 1, 26, 38, 52, 68, 80, 97 und 109. - Am Schluß 2 Bll. mit Ergänzungen einer anderen Hand (Fol. 569r-570v) sowie 2 stärkere Pgt.-Bll. mit lat. Eintragung einer Hand des 15. Jhs. (Auflistung der Miniaturen).
Die minutiös ausgeführten historisierten Initialen entsprechen in Hauptzügen dem Stil des Ateliers von Johannes Grusch (vgl. Branner Abb. 216 und 222). Sie zeigen: Hieronymus am Schreibpult (fol. 1r); Genesis-Initiale mit den 7 Schöpfungstagen (fol. 4r); Gott mit Josua (fol. 82v); Raub der Bundeslade (fol. 104r); zwei Patriarchen (fol. 153v); Gott, unterhalb mit Kyros (fol. 180v); Hiob, der von seiner Frau verspottet wird (fol. 212r); König David mit Harfe (224r); Salomo und Rehabeam (251v); Jungfrau und Kind (fol. 264r); Jesaja, der von Henkern entzwei gesägt wird (289v); Hosea, seine Frau Gomer umarmend (fol. 369v); Enthauptung des götzenanbetenden Juden (fol. 390r); Jesse (fol. 415r); Paulus (fol. 461v); Christi Himmelfahrt (fol. 490v). - Zustand: Erstes Bl. leicht fleckig und mit kl. Fehlstelle im weißen Rand, im Kopfsteg tls. etw knapp beschnitten, Foliierung in der rechten ob. Ecke meist angeschnitten, Vorsätze erneuert, VGelenk gelockert, Kanten stellenw. beschabt, Rücken und Kanten stellenw. fachgerecht restauriert. Insges. guterhaltene und vollständige Handschrift.
A very well-preserved and complete copy of the famous medieval "pocket bible" with 16 filigree miniatures in the style of the studio of Johannes Grusch. Very rare! Size of sheets:140 : 92 mm. 570 ll. (complete), fol. in red ink in upper right; 2 ll. rebound on stronger parchment. Text area ca. 103 : 65 mm. 46 lines. 2 columns, slugged with led pen. Written in black and brown black ink in tiny pearl by one hand. Rubricated, heightened parts in red, column titles and chapter count in Roman in red and blue. With 16 historizised initials in opaque color painting and 81 opaque color initials (of which 10 as column-long borders), mostly with extending shafts and contorted tendrils, as well as mostly adorned with dragons; additionally with verymany 2-8 line fleuronnée initials alternating in red and blue, wit neatly embellished pen workalong the text column. - 16th century calfskin on 5 bands with rich roll-tooling. - Our manuscript contains the biblical book alongside prologs in standardized Paris selection and order (cf. Branner pp. 154-155). - First l. slightly stained and with small defectivespot in white margin, top edge somewhat cropped close, foliation in upper right corner mostly truncated, endpapers renewed, front joints loosened, partly edgeworn, spine and edges skilfully restored in places. All in all well-preserved and complete manuscript.
Die berühmte "Taschenbibel"des Mittelalters in einem vollständigen, sehr gut erhaltenen Exemplar mit 16 filigran ausgeführten Miniaturen im Stil des Ateliers von Johannes Grusch. So sehr selten!
Die Gestaltung der Heiligen Schrift weist eine so wechselvolle Geschichte auf wie kein anderes Buch der Weltliteratur. Der von Hieronymus im 4. Jahrhunderts aus dem Altgriechischen ins Lateinische übersetzte Text (Vulgata, d. h. die "Allgemeingebräuchliche") hatte sich im Laufe der Jahrhunderte gegen andere Versionen durchgesetzt, war aber durch fehlerhafte Abschriften nach und nach verderbt worden. Die Studenten der neugründeten Pariser Universität Anfang des 13. Jahrhunderts, vor allem aber die Missionstätigkeiten der aufkommenden Orden der Dominikaner und Franziskaner verlangten nicht nur nach einer vereinheitlichten Bibelversion mit einer feststehenden Reihenfolge der biblischen Bücher und Prologe, sondern auch nach einer handlichen und tragbaren Buchform, denn die überlieferten Bibeln noch des 12. Jahrhunderts waren so großformatig und voluminös, daß die biblischen Texte nur als Einzelbände angefertigt wurden und für einen raschen und häufigeren Gebrauch viel zu unhandlich waren, ganz abgesehen von der Tatsache, daß man sie nicht mit sich führen konnte. So setzte um 1200 eine Entwicklung zu immer kleineren Formaten ein, an deren Ende um 1240 eine einbändige Vollbibel im Taschenformat stand, geschrieben mit winziger Perlschrift auf dünnstem Pergament, auf engstem Raum mustergültig und benutzerfreundlich durchgestaltet, wozu der filigrane und mehrfarbige Buchschmuck einen erheblichen Teil beiträgt. Die Kolumnentitel erlauben eine schnelle und grobe Orientierung, die unterschiedlichen Initialtypen weisen auf den Beginn der wesentlichen Bibelteile, der einzelnen Bücher und der Prologe, die farbigen Kapitelnummern auf den gesuchten Abschnitt. So stehen im vorliegenden Exemplar historisierte Initialen am Beginn der wichtigsten Bibelteile (Oktateuch, Chroniken, Propheten etc.), ornamentierte Deckfarben-Initialen am Beginn jedes einzelnen biblischen Buches, und prächtige Fleuronnée-Initialen gewöhnlich am Anfang der Prologe. Darüberhinaus wird jedes Kapitel mit einer kleineren Fleuronnée-Initiale eingeleitet. Wegen all dieser Vorteile und einer bis dahin unbekannten Ökonomisierung der Handschriftenproduktion entwickelte sich die Pariser Taschenbibel im Laufe des 13. Jahrhunderts zu einem regelrechten Bestseller.
Unser Manuskript enthält die biblischen Bücher nebst Prologe in der standardisierten Pariser Auswahl und Reihenfolge (vgl. Branner S. 154-155). Neben den Prologen des Hieronymus gehören dazu auch einige, die im ersten Drittel des 13. Jhs. neu hinzugekommen waren, darunter der Prolog zur Apokalypse von Gilbert de la Porée (Fol. 511r). Am Ende finden sich die Interpretationes nominum hebraicorum (Erklärung der hebräischen Namen, Fol. 518r-562v), die ab etwa 1230 ein Standardmerkmal der Bibel wurden, und daran anschließend eine Perikopenliste für das Temporale und Commune sanctorum (Fol. 563r-569r). Für eine Datierung der Handschrift auf 1250-70 sprechen die in den Text integrierten, nicht an den Rand geschriebenen Kapitelnummern, das Fleuronnée in den für die Pariser Buchmalerei typischen Formen (vgl. Stirnemann, Fils de la vierge, Katnr. 36-38, 3. Viertel des 13. Jhs.), ferner die Foliierung, die vor 1250 kaum in Erscheinung tritt. - Der Psalter ist ist nach dem Psalterium Gallicanum eingeteilt, hervorgehoben sind Ps. 1, 26, 38, 52, 68, 80, 97 und 109. - Am Schluß 2 Bll. mit Ergänzungen einer anderen Hand (Fol. 569r-570v) sowie 2 stärkere Pgt.-Bll. mit lat. Eintragung einer Hand des 15. Jhs. (Auflistung der Miniaturen).
Die minutiös ausgeführten historisierten Initialen entsprechen in Hauptzügen dem Stil des Ateliers von Johannes Grusch (vgl. Branner Abb. 216 und 222). Sie zeigen: Hieronymus am Schreibpult (fol. 1r); Genesis-Initiale mit den 7 Schöpfungstagen (fol. 4r); Gott mit Josua (fol. 82v); Raub der Bundeslade (fol. 104r); zwei Patriarchen (fol. 153v); Gott, unterhalb mit Kyros (fol. 180v); Hiob, der von seiner Frau verspottet wird (fol. 212r); König David mit Harfe (224r); Salomo und Rehabeam (251v); Jungfrau und Kind (fol. 264r); Jesaja, der von Henkern entzwei gesägt wird (289v); Hosea, seine Frau Gomer umarmend (fol. 369v); Enthauptung des götzenanbetenden Juden (fol. 390r); Jesse (fol. 415r); Paulus (fol. 461v); Christi Himmelfahrt (fol. 490v). - Zustand: Erstes Bl. leicht fleckig und mit kl. Fehlstelle im weißen Rand, im Kopfsteg tls. etw knapp beschnitten, Foliierung in der rechten ob. Ecke meist angeschnitten, Vorsätze erneuert, VGelenk gelockert, Kanten stellenw. beschabt, Rücken und Kanten stellenw. fachgerecht restauriert. Insges. guterhaltene und vollständige Handschrift.
A very well-preserved and complete copy of the famous medieval "pocket bible" with 16 filigree miniatures in the style of the studio of Johannes Grusch. Very rare! Size of sheets:140 : 92 mm. 570 ll. (complete), fol. in red ink in upper right; 2 ll. rebound on stronger parchment. Text area ca. 103 : 65 mm. 46 lines. 2 columns, slugged with led pen. Written in black and brown black ink in tiny pearl by one hand. Rubricated, heightened parts in red, column titles and chapter count in Roman in red and blue. With 16 historizised initials in opaque color painting and 81 opaque color initials (of which 10 as column-long borders), mostly with extending shafts and contorted tendrils, as well as mostly adorned with dragons; additionally with verymany 2-8 line fleuronnée initials alternating in red and blue, wit neatly embellished pen workalong the text column. - 16th century calfskin on 5 bands with rich roll-tooling. - Our manuscript contains the biblical book alongside prologs in standardized Paris selection and order (cf. Branner pp. 154-155). - First l. slightly stained and with small defectivespot in white margin, top edge somewhat cropped close, foliation in upper right corner mostly truncated, endpapers renewed, front joints loosened, partly edgeworn, spine and edges skilfully restored in places. All in all well-preserved and complete manuscript.
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