Auktion: 421 / Wertvolle Bücher am 18./19.05.2015 in Hamburg Lot 689

 

689
Leonhard Frank
Ca. 90 Briefe, Telegramme u. a., teils mit Umschlägen. 4 Hefter. 1935-49.
Schätzung:
€ 2.000
Ergebnis:
€ 5.040

(inkl. Käuferaufgeld)
Frank, Leonhard, Schriftsteller, 1882-1961. Sammlung von ca. 56 eigh. Briefen und 4 Karten (tlw. mit beilieg. Umschlägen) sowie 19 Telegrammen. Paris, Marseille, Lissabon und Los Angeles (Hollywood), hauptsächlich 1937-42, ferner 1935-36 und 1948-49. Ca. 90 S. 4to. und 8vo. - Vereinz. in Französisch.

Umfangreiche Korrespondenz an seine zeitweilige Geliebte, die Tänzerin und Schriftstellerin Maria Graber-Meinen (1905-92) in Weissenburg (Simmental), später Zürich. Reichhaltiges biographisches Material über den sozialistisch-pazifistischen Schriftsteller aus der Zeit der französischen Internierung 1939-40, Flucht nach Marseille und Lissabon 1940 und Weiterreise in die USA mit Exil 1940-49. Hauptsächlich über seine Sorge um die zurückgebliebene Freundin, über die stockende Arbeit an seinem Roman Mathilde (mit dem er Maria Meinen ein Denkmal setzt, fertiggestellt 1944 und Erstausgabe 1948), über Bemühungen um US-Visa für sich und für Maria Meinen und den damit verbundenen zermürbenden Formalitäten, über den Aufenthalt und seine Filmarbeiten in Hollywood in den Warner Studios, zuletzt über das Ende der ca. 1935 bis 1942 bestehenden Beziehung.
Auszüge: (Paris, 14. IV. 1940, aus Sorge um die sparsam essende Tänzerin): ".. Versprich mir und dir sofort, dass du Mittags und Abends die vielen Gänge im Hotel Eden essen wirst. Versprich es mir .. Friss! Friss! Friss! .. du mußt dir Kraft anessen .." - (Poststempel Paris, 15. V. 1940:) " .. Ich glaube nicht, daß ich die Möglichkeit haben werde, hier, in meinem Hotelzimmer, an meinem Roman weiterzuschreiben. Die erste Hälfte des Romans werde ich beim PEN-Club aufbewahren lassen. Aber ob ich die zweite Hälfte meines geliebten Buches werde vollenden können, steht dahin .." - (von der Flucht nach Marseille zu Fuß, per Fahrrad und im Zug, 3. VII. 40; Postkarte in Französisch, wohl, um nicht die Aufmerksamkeit der französ. Postbehörde zu erregen): " .. Je suis en voyage (sur vélo!) et je me porte assez bien .. Je te prie de venir la plus vite possible .." - (Nach der Ankunft in Marseille, 18. VII. 40): ".. Bitte schreibe mir jeden Tag. Jeden Tag! Ich bin namenlos allein .." - (Ebd., 21. VIII. 40 über Bemühungen um ein Einreise-Visum für die USA für sich): Ich bin ratlos .. Ich habe aus Amerika noch nie eine Antwort bekommen von Thomas Mann .. Aber das Telegramm aus Washington [mit der Bewilligung für das Visum] ist vielleicht verloren gegangen. Das ist schwer zu reparieren .." - (Lissabon, 16. IX. 40 über ein Visum für Maria Meinen): ".. Aus vielen Gründen geht das Artistenvisum nicht. Erstens habe ich noch kein Amerikavisum, weiß aber nicht, ob ich nicht noch Monate hier bleiben und warten muß. Aber von hier aus kann ich dir unmöglich einen Vertrag verschaffen. Dazu müßte ich drüben sein. Und auch [Thomas] Mann weiß es nicht, ob das gehen würde .." - (Nach der Ankunft in New York, 22. X. 40):" .. New York ist eine wunderbare Stadt. Nachts - die beleuchteten Hochhäuser, hunderte, tausende Fenster .. ein Märchentraum. Ich wäre gerne ein paar Wochen hiergeblieben. Aber man hält es in Hollywood für besser, daß ich sofort komme .. In Hollywood werde ich jetzt Hilfe suchen, dich rüberzuholen .." - (Telegramm, Hollywood, 7. III. 41): "beschwoere dich auszuhalten bin fortgesetzt hinterher dass kommen kannst bin geschieden ohne dich leben sinnlos unsaegliche liebe .." - (Ebd., 4. VIII. 41): ".. Du willst wissen wie ich hier lebe. Ich wohnte acht Monate in einem Appartment, ein Zimmer, Küche, Bad, 7 Autominuten vom Studio, wo ich täglich von 9 1/2 bis nachmittags fünf Uhr arbeiten muss, sehr angestrengt .. Manchmal Kino. Wenig Menschen sehen. Die Hauptsache ist die Arbeit, die mir keine Zeit läßt, am Roman weiter zu schreiben. Aber ich versuche es dennoch. Denn ich liebe dieses Buch, weil dieses Buch du bist .." - (Ebd., 20. II. 42, nach mehreren Monaten ohne Lebenszeichen von Maria Meinen): ".. Was soll ich denken, Maria? Dass du die Hoffnung verloren hast nach dieser allzulangen Wartezeit, kann ich verstehen.. Hat sich etwas ereignet, das als ein entscheidendes Hindernis jetzt zwischen uns steht? .. Ich habe von Washington die Nachricht erhalten, dass die neuen Affidaviten .. geschickt wurden. (Die Affidavitgeber, Houston und Billy Wilder, hast du in Paris kennen gelernt) .." - (Ebd., 5. V. 42): ".. Der Grund Deines Schweigens ist mir ein quälendes, quälendes Rätsel .. Ich schreibe jeden Tag an dem Roman, der Dich zum Inhalt hat .. Frage Du Dich! ist es nicht mörderisch, dass ich nichts erfahre von der Frau, die in jeder Beziehung der einzige Inhalt meines Lebens ist? .." - Nachdem Maria Meinen 1942 die Beziehung beendet hatte, blieb Frank als Drehbuchautor und freier Schriftsteller in Hollywood, ab 1945 New York. 1950 kehrte er nach Deutschland zurück und heiratete 1952 zum dritten Mal. Maria Meinen arbeitete ab 1943 als Tänzerin und Schauspielerin in Zürich, heiratete ebenfalls ein weiteres Mal, und veröffentlichte später mehrere Bücher. - Papierbedingt mit leichten Lagerungsspuren, ansonsten gut erhalten. - Beilieg. u. a. 12 masch. Briefe (Juli-August 1940) des Züricher Verlegers Emil Oprecht, den Frank und Meinen bei Geldtransfers und in ihre Bemühungen um die US-Visa miteinbezogen hatten.




689
Leonhard Frank
Ca. 90 Briefe, Telegramme u. a., teils mit Umschlägen. 4 Hefter. 1935-49.
Schätzung:
€ 2.000
Ergebnis:
€ 5.040

(inkl. Käuferaufgeld)