Auktion: 526 / Wertvolle Bücher am 30.05.2022 in Hamburg Lot 83

 

83
Joseph Beuys
4 eigenhändige Briefe, 1952-1955.
Schätzung:
€ 5.000
Ergebnis:
€ 8.125

(inklusive Aufgeld)
"Das Schlimmste fügt man sich selbst zu"

Joseph Beuys
4 eigenhändige Briefe, signiert "Teni", an die Malerin Jutta "Jule" Karow. Amsterdam und Düsseldorf 1952-1955. Zusammen 7 Seiten. 30 : 21 cm (auch im Querformat). - Beiliegend 3 eigenhändige Umschläge.

- Ausdrucksvolle Briefe des jungen Künstlers aus einer Zeit des Umbruchs
- So frühe und ausführliche Autographen von Beuys sind von großer Seltenheit


Interessante und persönliche biographische Dokumente zu Beuys (1921-1986). Vor allem die beiden späteren Briefe zeigen eine tlw. von Melancholie, Antriebslosigkeit und gesundheitlichen Problemen geprägte seelische Verfassung des Künstlers. Gleichzeitig versucht er, die Freundin und Künstlerin bei wichtigen Lebensentscheidungen zu unterstützen. - Die Malerin Jutta Karow (1930-2020), in den Briefen mit "Jule" angeredet, war eine enge Freundin. Ihre Ausbildung erhielt sie u. a. an der Kunsthochschule Hamburg; zu ihre Künstlerfreunden zählten auch Horst Janssen, Günter Grass, Loriot und Romi von Bülow. - Düsseldorf, 15. XII. 1953: ".. Wie konntest Du denken, dass ich Dich jemals vergessen könnte? .. Nur sind bei mir wieder die berühmten so schwierigen Fälle zusammengekommen, die machen, dass ich im Augenblick sehr durch die äusseren Verhältnisse zerrieben bin. Deshalb möchte ich auch jetzt nicht zu Dir kommen. Du hättest keine Freude an mir glaube ich .." - Düsseldorf, 18. V. 1955: "Jetzt bist Du also zu Hause und glaubst ich hätte Dich vergessen. Nein so ist das nicht. Auch habe ich niemals mit dem Gedanken gespielt Dir Dein kleines Rind wie Du es immer nennst, obschon es für mich ein Schaf ist, zu entziehen. Es ist gut aufgehoben, steht in Kleve in einem guten Schrank und wird auch sobald ich kann gemacht und kommt zu Dir. Ich kann Dir den Zeitpunkt nicht genau sagen, ich sitze in grösseren Schwierigkeiten denn je. Bin den Winter dauernd ohne gesundheitlich sichtbaren Grund krank gewesen. Die Ärzte konnten nichts finden. Meine Arbeit ist gewaltig ins Stagnieren gekommen, alle gammeligen (?) Aufträge, die ich seinerzeit angenommen habe liegen unfertig zurück. Es wird dieses Jahr wohl vergehen diese Verträge erst einmal zu erfüllen mit Verzicht auf meine mir am Herzen liegende Arbeit. Dies sind meine Sorgen .. Was mich am Leben erhält, darf ich nicht tun. Die Zeit steht auch meiner Arbeit feindl. gegenüber. Das ist auch wohl der Grund meiner Krankheit, dass vieles brach liegt und sich nicht betätigen kann .. Ja, liebe Jule, so ist man seines oft schweren Lebens eigener Schicksalsschmied. Man tut sich alles selbst zuleide. Und wie oft denkt man es wären die anderen. Natürlich sind sie es im hohen Masse, die Schweine, aber das Schlimmste fügt man sich selbst zu." - Dabei: Brief des Vaters Josef Jakob Beuys an Jutta Karow, Kleve 2. IX. 1956, in dem er ihr dafür dankt, daß sie sich in einer schwierigen Zeit um Beuys gekümmert hat, und den schlechten seelischen Zustand seines Sohnes beklagt. "Zunächst herzl. Dank, daß Sie sich um unseren Joseph so liebevoll bemüht haben .. Nach Ihrem Anruf bin ich sofort nach [Düsseldorf-]Hardt gefahren, um Joseph zu holen .. Habe ihn dann soweit gekriegt, daß er mit nach Kleve fuhr .. Joseph liegt den ganzen Tag teilnahmslos auf der Couch und sinniert. Man kann nicht verstehen, wie ein so lebensfroher, schaffensfreudiger Kerl zum menschlichen Wrack werden kann. Er ist menschenscheu und will nur immer fort."

4 autograph letters signed by Joseph Beuys (1921-1986) to a friend. 3 autograph envelopes included. Insightful letters written by the young artist during a time of transition. Early and comprehensive Beuys autographs are extremely rare.(R)




83
Joseph Beuys
4 eigenhändige Briefe, 1952-1955.
Schätzung:
€ 5.000
Ergebnis:
€ 8.125

(inklusive Aufgeld)