Auktion: 407 / Post War/ Zeitgenössische Kunst am 08.06.2013 in München Lot 259

 

259
Georg Baselitz
Ohne Titel, 1963.
Tuschpinselzeichnung
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 183.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Ohne Titel. 1963.
Tuschpinselzeichnung und Deckweiß.
Rechts unten signiert und datiert. Auf Aquarellbütten von Hahnemühle (mit Wasserzeichen). 61 x 48,3 cm (24 x 19 in), blattgroß. [KP].
Die kraftvollen Arbeiten aus dieser frühen Werkphase werden nur selten auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten.

Die vorliegende Arbeit ist im Archiv Georg Baselitz, München, unter der Nummer GBZ 6642 verzeichnet. Wir danken dem Archiv für die freundliche Auskunft.

PROVENIENZ: Privatsammlung Hessen.

Georg Baselitz, mit bürgerlichem Namen Hans-Georg Kern, nennt sich als Künstler seit 1961 nach seinem Heimatort Baselitz. Nachdem er aufgrund "gesellschaftspolitischer Unreife" von der Ost-Berliner Kunsthochschule verwiesen wird, wechselt er 1956 auf die Hochschule der Bildenden Künste in Berlin-Weißensee. 1957-1962 setzt Baselitz seine Ausbildung an der Hochschule der Bildenden Künste in Berlin-Charlottenburg fort. Einer seiner Lehrer wird Hann Trier. In den frühen 1960er Jahren etabliert Baselitz zusammen mit Künstlern wie Eugen Schönebeck oder Markus Lüpertz eine neue figurative Kunst mit expressiven Zügen. Mit seinen Arbeiten richtet sich Baselitz ganz bewusst gegen festgelegte Kategorien und Regelmäßigkeiten, seine unprätentiöse Malerei irritiert das gängige Kunstideal. 1963 findet in der Berliner Galerie Werner & Katz die erste Einzelausstellung des Künstlers statt, die in einem Skandal endet: Die Ausstellung wird geschlossen, zwei dort gezeigte Gemälde, „Die große Nacht im Eimer“ und „Nackter Mann“, werden von der Staatsanwaltschaft in Berlin beschlagnahmt und erst zwei Jahre später nach dem Ende des Prozesses an den Künstler zurückgegeben.

Vor diesem Hintergrund nimmt die in unserer Auktion angebotene Tuschpinselzeichnung eine prominente Stellung im Œuvre ein, das in dieser Zeit insbesondere durch die Auflehnung gegen die Konvention geprägt wird. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass nur kurz zuvor mit den beiden Pandämonia-Schriften radikale Manifeste entstanden sind, in denen Baselitz seine Forderungen der Kunst gegenüber zum Ausdruck bringt. Diese theoretisch niedergeschriebene Rebellion findet ihren praktischen Widerhall im künstlerischen Ausdruck, der sich stark am Tachismus und Informel orientiert, wie es Baselitz bei seinem Professor Hann Trier während seines Studiums kennenlernt. Diese expressive Prägung ist auch in der vorliegenden Arbeit deutlich zu spüren, wenn Baselitz mit kraftvollem Duktus das ekstatisch aufgeladene Bildmotiv zu Papier bringt, das an zwei innig verschlungene Personen erinnert.

Ab 1969 entstehen Gemälde mit auf dem Kopf stehenden Motiven, die zum "Markenzeichen" Baselitz' werden. In den 1970er Jahren erreicht der Künstler durch zahlreiche Ausstellungen einen hohen Bekanntheitsgrad in Deutschland. Baselitz nimmt mehrfach an der Documenta in Kassel teil, 1980 gestaltet er den deutschen Pavillon der Biennale in Venedig. 1995 zeigt das Guggenheim Museum in New York eine große Retrospektive. Baselitz wird 1977 als Professor an die Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe berufen, 1983 bis 1988 lehrt er an der Hochschule der Bildenden Künste in Berlin. 2004 wird Baselitz der renommierte Praemium Imperiale der Japan Art Association verliehen. Seit 2006 lebt Baselitz am Ammersee in Oberbayern. Heuer ehren zahlreiche große Ausstellungen, unter anderem in der Sammlung Essl in Klosterneuburg bei Wien, das Werk Georg Baselitz', der in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag feierte. [KP].




259
Georg Baselitz
Ohne Titel, 1963.
Tuschpinselzeichnung
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 183.000

(inkl. Käuferaufgeld)